Das Kloster Schlehdorf kann auf eine über 1000-jährige Geschichte zurückblicken, zu der mit dem Kauf des Gebäudes durch die WOGENO ein weiteres spannendes Kapitel hinzutritt.
763 als Stiftung des Adelsgeschlechts der Huosi in Scharnitz gegründet, wurde das Kloster bereits wenige Jahre später nach Schlehdorf verlegt. Die Klosteranlage befand sich zu dieser Zeit an der Stelle des heutigen Pflegeheims. Ursprünglich benediktinisch, wurde es Mitte des 11. Jahrhunderts mit Augustiner-Chorherren besetzt, die es bis zur Säkularisation leiteten.
1718 wurde der Grundstein für einen Klosterneubau auf dem erhöht liegenden Felsen gelegt. Der Süd-Ost-Flügel konnte 1725 bezogen werden, während der Kirchenbau im Zentrum der Anlage erst 1775 fertiggestellt wurde und der geplante Nordflügel gar nicht mehr gebaut wurde. Mit der Säkularisation 1803 wurde das Gebäude der klösterlichen Nutzung entzogen und an verschiedene Eigentümer verkauft. Kirche und westlicher Kopfbau des Südtraktes wurden verstaatlicht und zur Pfarrkirche mit Pfarrhaus umgenutzt. Die übrigen Teile wurden als Wohnraum oder zu Lagerzwecken verwendet. Die Ausstattung des Gebäudes ging in dieser Zeit weitgehend verloren, wie auch Um- und Einbauten seine architektonische Disposition veränderten.
Bild entnommen aus der Schlehdorf Chronik, Stich von Michael Wening, 1701
Missions Dominikanerinnen Schlehdorf
Es ist daher nicht hoch genug einzuschätzen, was die (Missions-)Dominikanerinnen, die den Hauptteil der Anlage 1902 erwarben, in den folgenden Jahrzehnten leisteten. Zunächst waren nur die süd-östlichen Trakte des Gebäudes von den Dominikanerinnen aus Augsburg gekauft worden, um dort vom Missionsdienst zurückgekehrte Schwestern unterzubringen.
Als sich Schlehdorf 1926 vom Augsburger Mutterkloster unabhängig machen konnte und von nun an als Filiale der Missionsdominikanerinnen, deren Hauptsitz im südafrikanischen King Williams Town liegt, fungierte, begann auch der Ausbau der Klosteranlage zu einer Aus- und Fortbildungsstätte. Während zunächst nur der Missionsnachwuchs unterrichtet wurde, konnten ab 1952 auch weltliche Frauen die angeschlossene Haushaltungsschule mit Internat besuchen, die bis 1991 bestand. Eine Realschule wurde 1954 eröffnet. Sie existiert bis heute im Nordtrakt, der 1927 nach den Plänen des 18. Jahrhunderts errichtet wurde und damit die symmetrische Gesamtanlage des Klosters vervollständigte.
In den 1950er Jahre kaufte man das sog. Zöpf-Haus und das Pfarrhaus im Westteil zurück, so dass sich die Klosteranlage, ausgenommen der weiterhin in staatlicher Hand verbleibenden Kirche, ab dieser Zeit wieder in einer Hand befand. Der Ausbau der Realschule führte 1992/93 zu einer letzten Erweiterung durch einen Kopfbau im Nord-Osten. Dass das Kloster Schlehdorf heute einen geschlossenen architektonischen Gesamteindruck macht, der die landschaftliche Lage gestalterisch miteinbezieht, ist somit vor allem den Missionsdominikanerinnen zu verdanken.
Schon der Bau von 1725 unterlag einer Mischnutzung: Etwa ein Dutzend Augustiner Chorherren wohnte im Kloster in den sogenannten Chorherrenzimmern im Osten. Im Süden und Westen befanden sich Repräsentationsräume, Krankenzimmer, Gast- und Gesindestuben, Küche und Bäckerei. Unter den Missionsdominikanerinnen wuchs die Anzahl der Personen, die das Haus bewohnten, stark an. Nicht nur die steigende Zahl von Schwestern, sondern auch Hauswirtschafts- und Internatsschülerinnen, sowie schließlich Seminargäste mussten untergebracht werden, wozu zunächst Schlafsäle, aber auch Einzelzimmer im Dachgeschoss und in einem separaten Anbau im Osten errichtet wurden. Neben Groß- und Lehrküchen bestanden auch Werkstätten wie Tischlerei, Schlosserei und Schusterei.
Auf den Außenanlagen führten die Schwestern eine Gärtnerei und betrieben auf etwa 40 ha Land, darunter der Karpfsee, eine eigene Landwirtschaft.
Aufgrund von Nachwuchsmangel erwies sich die Bewirtschaftung des Klosters für die Schwestern jedoch zunehmend als schwierig, so dass bereits vor etwa 10 Jahren die landwirtschaftlichen Flächen der Genossenschaft KlosterGut eG zur Nutzung überlassen wurden.
Auch das Klostergebäude selbst erwies sich für die älter werdende Klostergemeinschaft im Unterhalt langfristig als zu aufwändig, so dass im April 2018 der Umzug von den etwa 30 verbliebenden Schwestern in einen benachbarten altersgerechten Neubau erfolgte. Nachdem verschiedene Investoren, die das nun frei werdende historische Klostergebäude zu Kliniken, Hotels und ähnlichem umbauen wollten, letztlich als Folgenutzer nicht in Frage kamen, entstand durch Vermittlung des Klosterguts der Kontakt zur Münchner Wohnbaugenossenschaft WOGENO.
Diese begann im Juni 2018, das Haus im Probebetrieb zu führen, um die Tragfähigkeit eines neuen Nutzungskonzepts zu prüfen. Aufgrund seiner Geschichte und der baulichen Gegebenheiten kam eine Umwandlung des Klosters in abgeschlossene Wohnungen nicht in Frage, sondern das gleichwertige Nebeneinander von privat genutzten Einzelzimmern, gemeinsamen Küchen sowie halböffentlichen Bereichen wurde beibehalten. Auch die Schaffung einer ausgewogenen Balance zwischen Wohnen, Arbeiten, Bildung und Besinnung ist Teil des neuen Nutzungskonzeptes, das sowohl die gemeinsame Bewirtschaftung der Anlage, als auch einen ökonomisch sinnvollen Gäste- und Seminarbetrieb sowie Rückzugsräume für Ruhe und Kontemplation vorsieht. Die Hausgemeinschaft setzt sich vorwiegend aus den (meist Münchner) Genossenschaftsmitgliedern sowie Menschen aus der Region und aller Welt zusammen.
Dies führt die Weltoffenheit der Missionsschwestern als auch die enge Bindung der ehemaligen Chorherren an München fort, ist aber auch im Sinne einer Wertegemeinschaft zu verstehen, die sich lokal und global in der Verantwortung sieht. In kollegialer Zusammenarbeit mit dem Klostergut und in freundlicher Verbindung mit den Missionsschwestern soll der Geist des Gebäudes weitergetragen und an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden.