Über uns
Cohaus Kloster Schlehdorf
Das Cohaus Kloster Schlehdorf ist ein Projekt der WOGENO München eG. Die Bewohner:innen der Clusterwohnungen und die Nutzer:innen der Gewerberäume bilden die CoGemeinschaft.
Wohnen Arbeiten Lernen
Zum Erwerb und Betrieb des Hauses wurde die Cohaus Kloster Schlehdorf GmbH als 100%ige Tochtergesellschaft der WOGENO München e.G. gegründet. Dies hatte in erster Linie genossenschaftsrechtliche und steuerliche Gründe, ansonsten ist das Kloster Schlehdorf eines der zahlreichen WOGENO-Projekte und Teil des genossenschaftlichen Netzwerkes mit Zentrale in München. Die Belange des großen Hauses werden zum einen von einem kleinen Team für Rechnungswesen, Haustechnik und Verwaltung gesteuert. Darüber hinaus gliedert sich das Haus in eine selbstverwaltete Organisation.
Selbstverwaltete Organisation mit folgender Struktur
- CoVersammlung: Dies ist die beschlussfassende, selbstorganisierte Versammlung aller, die im Cohaus Kloster Schlehdorf einen Wohn- oder Arbeitsbereich fest angemietet haben. Sie kommt im zweimonatigen Turnus zu Beratungen und Abstimmungen zusammen. Auf der CoVersammlung werden alle wesentlichen, die ganze Gemeinschaft betreffenden Belange beraten.
- CoVertretung: Aus der Mitte der CoVersammlung wird eine derzeit dreiköpfige Vertretung gewählt. Diese vertritt die Belange der Hausgemeinschaft gegenüber der Geschäftsführung und initiiert Aktionen, die die Hausgemeinschaft betreffen.
- Klosterrat: In diesem Gremium sind neben der CoVertretung auch die Sprecherinnen und Sprecher der aktuell 6 Wohn- und des Gewerbeclusters vertreten. Der Klosterrat berät über Cluster-, bzw. Wohnungs- und Gewerberaumübergreifende Themen und vermittelt zwischen den Individuellen Interessen.
- 6 Wohn- und 1 Gewerbecluster: Hier wohnen und arbeiten die Menschen im Kloster. Sie wählen aus ihrer Mitte wiederum Sprecherinnen und Sprecher, die gemeinsam mit der CoVertretung in periodischen Abständen zu Beratungen zusammenkommen.
- Arbeitsgemeinschaften: AGs werden nach eigenen Interessen der Hausgemeinschaft gegründet und betrieben, um Themen weiterzuentwickeln, die für eine Gruppe oder das ganze Haus relevant sind, z.B. Gestaltung, Garten, Onboarding, Nachbarschaftsthemen (z.B. mit den Schwestern und der befreundeten landwirtschaftlichen KlosterGut eG).
- Vergabeausschuss: Dieses Gremium befindet über die Vergabe von dauerhaft gemieteten Wohnraum. Es setzt sich zusammen aus Mitgliedern der Hausgemeinschaft und der Hauseigentümerschaft.
Alle Tätigkeiten und Beratungen, die in diesem Zusammenhang erfolgen, sind ehrenamtlich organisiert.
Team
Das Team, das sich im Rahmen von Arbeitsverträgen um die täglichen Abläufe vor Ort kümmert, umfasst die Bereiche:
- Hauswirtschaft (Reinigung): Derzeit 2 Personen
- Hausmeister: Derzeit 1 Superman
- Administration (Facility, Vermietung, Rechnungswesen): Derzeit 3 Personen und eine Azubi
Geschäftsführung:
Peter Schmidt
Konzeption und Begleitung der Transformation:
(Februar 2018 bis Mai 2019):
Ulrike Rose,
kulturräume gestalten, Berlin
Hintergrund
Europaweit stehen derzeit Hunderte von Klöstern vor dem Ende ihrer bisherigen Zweckbestimmung. Eine zweite Säkularisierungswelle rollt über die Vermögensmasse dutzender von Ordensgemeinschaften. Was zu Beginn des 19. Jahrhunderts staatlich verordnete Enteignung war – und im darauf folgenden Jahrhundert wieder Stück für Stück von vielen Ordensgemeinschaften zurück gekauft worden war – steht nun vor einem definitiven Aus: Den Orden fehlt der Nachwuchs.
Dies haben die Ordensschwestern der Missions-Dominikanerinnen im Kloster zu Schlehdorf frühzeitig erkannt und ganz pragmatisch die Konsequenzen gezogen: Die einstmals über hundert Schwestern umfassende Klostergemeinschaft auf der Hügelkuppe über dem Kochelsee zieht sich aus dem operativen Geschäft der Bewirtschaftung der Klosteranlage zurück: die Schwestern leben jetzt in ihrem neuen, kleineren Kloster im Dominikusweg in Schlehdorf.
Das Kloster war hundert Jahre lang ein vitaler Wirtschaftsbetrieb im Zentrum der Gemeinde Schlehdorf. Die Schwestern bewirtschafteten 50 Hektar Agrarland, führten Handwerksbetriebe wie Schusterei, Metzgerei und Gärtnerei, leiteten eine Schule und ein Seminar- und Tagungshaus mit angeschlossenem Gäste- und Pensionsbetrieb.
Unser Selbstverständnis
Initiiert durch die WOGENO München, Genossenschaft für selbstverwaltetes, soziales und ökologisches Wohnen, entsteht seit 2018 im Cohaus Kloster Schlehdorf eine Wohn- und Quartiersgemeinschaft der besonderen Art. Wir sind engagierte Menschen, die hinter den Werten der WOGENO stehen, sowohl hauptamtlich als auch ehrenamtlich. Uns alle verbindet die Idee eines Lebens an einem besonderen Ort zum Wohnen, Lernen und Arbeiten unter einem Dach. Wir versuchen, die Idee des Gemeinschaftlichen, die traditionell in klösterlichen Zusammenhängen dort gelebt wurde, zu transformieren in eine neue Zeit. Ein Experimentierfeld zur laufenden Weiterentwicklung solidarischer und kooperativer Lebensweisen.
Gemeinsam sind wir Teil der Dorfgemeinschaft Schlehdorf und tragen in enger Verbundenheit mit der Nachbarschaft zur Belebung der Ortsmitte bei.
Unsere Motivation
Wir blicken in Dankbarkeit auf das Kloster mit seiner Geschichte und arbeiten an der Transformation dieses kulturellen, wirtschaftlichen und spirituellen Erbes. Wir schätzen unsere starken Wurzeln und gehen mutig neue Wege. In unseren Räumen bewahren und pflegen wir nach dem Vorbild unserer Vorgänger:innen die Tradition des Zusammenlebens. Wir sind auf der Suche nach einem harmonischen, sinnstiftenden und liebevollen Zusammenwirken von Mensch und Natur. Gemeinschaftlich wollen wir begeistern für ein gutes, langlebiges und verlässliches Wirtschaften und aufzeigen, dass ein freudvolles Miteinander und wirtschaftliche Tragfähigkeit vereinbar sind.
Hier ist Freiraum und Platz für Experimente; wir sind eine Werkstatt des Handelns.
Unsere Gemeinschaft
Die Spannungsfelder zwischen Aktion und Kontemplation, Gemeinschaft und Rückzug, Einem und Mehreren, Verzicht und Reichtum sind uns Impuls für die Auseinandersetzung mit uns selbst. Wir pflegen eine Kultur des Miteinanders: Vertrauen in unsere eigene Kraft, Fairness und Hilfsbereitschaft verleihen der Gemeinschaft ihr Maß an Lebendigkeit und Vielfalt. Neben der Bewältigung des Alltäglichen begeben wir uns auf die Suche nach dem tieferen Wesen der Dinge und des Immateriellen. Die Klarheit und Einfachheit des Ortes fordern uns auf, zum Punkt zu kommen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Für einen nachhaltigen Lebensstil teilen und tauschen wir, was teil- und tauschbar ist: Raum und Zeit, Ideen und Sorgen, Wissen und Wissbegierde, Stärken und Schwächen, Gartenbänke und Sonne, Töpfe und Essen sowie viele lange Tafeln.
Dennoch verstehen wir uns nicht als Lebensgemeinschaft, wir versuchen vielmehr, die vielfältigen und individuellen Lebensentwürfe, die sich bei uns wiederfinden, gemeinschaftlich zu organisieren.
Wir sind Gastgeber aus Leidenschaft. Wir achten die Einzigartigkeit jedes Menschen und leben Vielfalt im großen Ganzen.
Unser Tun
Wir schaffen Begegnungsräume unter unserem Dach. Als Überzeugungstäter:innen teilen und tragen wir zusammen Verantwortung für unser Tun und Nicht-Tun. Dies geschieht freiwillig, selbstbestimmt und bedingungslos. Wir wollen uns mit Offenheit begegnen: aufgeschlossen, neugierig und mutig dem Neuen gegenüber. Wir stellen uns den Herausforderungen und sehen uns als Mitgestalter:innen einer spannenden, gemeinsamen Zukunft. Die Suche nach sinnstiftenden, erfüllenden Wegen für unser Leben und das kritische Hinterfragen von Entscheidungen werden uns weiter begleiten. Im Rahmen von inneren und äußeren Grenzen ist Veränderung und Gestaltung möglich.
Hier stehen wir gemeinsam auf festen Füßen und mit offenen Händen für Freiheit, Vielfalt und gegenseitigen Respekt.
Herzlich willkommen im Cohaus Kloster Schlehdorf!
Entstehungsprozess
Basierend auf Workshops und Erkenntnissen aus dem Probebetrieb wurde das Selbstverständnis im Zeitraum von Januar bis März 2020 erarbeitet. Auch dieses Manifest wird in die Jahre kommen und wir alle sind aufgerufen, die darin getroffenen Feststellungen zu hinterfragen, neu zu formulieren, weiter an uns selbst und mit anderen zu lernen.
Geschichte des Klosters
Das Kloster Schlehdorf kann auf eine über 1000-jährige Geschichte zurückblicken, zu der mit dem Kauf des Gebäudes durch die WOGENO ein weiteres spannendes Kapitel hinzutritt.
763 als Stiftung des Adelsgeschlechts der Huosi in Scharnitz gegründet, wurde das Kloster bereits wenige Jahre später nach Schlehdorf verlegt. Die Klosteranlage befand sich zu dieser Zeit an der Stelle des heutigen Pflegeheims. Ursprünglich benediktinisch, wurde es Mitte des 11. Jahrhunderts mit Augustiner-Chorherren besetzt, die es bis zur Säkularisation leiteten.
1718 wurde der Grundstein für einen Klosterneubau auf dem erhöht liegenden Felsen gelegt. Der Süd-Ost-Flügel konnte 1725 bezogen werden, während der Kirchenbau im Zentrum der Anlage erst 1775 fertiggestellt wurde und der geplante Nordflügel gar nicht mehr gebaut wurde. Mit der Säkularisation 1803 wurde das Gebäude der klösterlichen Nutzung entzogen und an verschiedene Eigentümer verkauft. Kirche und westlicher Kopfbau des Südtraktes wurden verstaatlicht und zur Pfarrkirche mit Pfarrhaus umgenutzt. Die übrigen Teile wurden als Wohnraum oder zu Lagerzwecken verwendet. Die Ausstattung des Gebäudes ging in dieser Zeit weitgehend verloren, wie auch Um- und Einbauten seine architektonische Disposition veränderten.
Missions Dominikanerinnen Schlehdorf
Es ist daher nicht hoch genug einzuschätzen, was die (Missions-)Dominikanerinnen, die den Hauptteil der Anlage 1902 erwarben, in den folgenden Jahrzehnten leisteten. Zunächst waren nur die süd-östlichen Trakte des Gebäudes von den Dominikanerinnen aus Augsburg gekauft worden, um dort vom Missionsdienst zurückgekehrte Schwestern unterzubringen.
Als sich Schlehdorf 1926 vom Augsburger Mutterkloster unabhängig machen konnte und von nun an als Filiale der Missionsdominikanerinnen, deren Hauptsitz im südafrikanischen King Williams Town liegt, fungierte, begann auch der Ausbau der Klosteranlage zu einer Aus- und Fortbildungsstätte. Während zunächst nur der Missionsnachwuchs unterrichtet wurde, konnten ab 1952 auch weltliche Frauen die angeschlossene Haushaltungsschule mit Internat besuchen, die bis 1991 bestand. Eine Realschule wurde 1954 eröffnet. Sie existiert bis heute im Nordtrakt, der 1927 nach den Plänen des 18. Jahrhunderts errichtet wurde und damit die symmetrische Gesamtanlage des Klosters vervollständigte.
In den 1950er Jahre kaufte man das sog. Zöpf-Haus und das Pfarrhaus im Westteil zurück, so dass sich die Klosteranlage, ausgenommen der weiterhin in staatlicher Hand verbleibenden Kirche, ab dieser Zeit wieder in einer Hand befand. Der Ausbau der Realschule führte 1992/93 zu einer letzten Erweiterung durch einen Kopfbau im Nord-Osten. Dass das Kloster Schlehdorf heute einen geschlossenen architektonischen Gesamteindruck macht, der die landschaftliche Lage gestalterisch miteinbezieht, ist somit vor allem den Missionsdominikanerinnen zu verdanken.
Schon der Bau von 1725 unterlag einer Mischnutzung: Etwa ein Dutzend Augustiner Chorherren wohnte im Kloster in den sogenannten Chorherrenzimmern im Osten. Im Süden und Westen befanden sich Repräsentationsräume, Krankenzimmer, Gast- und Gesindestuben, Küche und Bäckerei. Unter den Missionsdominikanerinnen wuchs die Anzahl der Personen, die das Haus bewohnten, stark an. Nicht nur die steigende Zahl von Schwestern, sondern auch Hauswirtschafts- und Internatsschülerinnen, sowie schließlich Seminargäste mussten untergebracht werden, wozu zunächst Schlafsäle, aber auch Einzelzimmer im Dachgeschoss und in einem separaten Anbau im Osten errichtet wurden. Neben Groß- und Lehrküchen bestanden auch Werkstätten wie Tischlerei, Schlosserei und Schusterei.
Auf den Außenanlagen führten die Schwestern eine Gärtnerei und betrieben auf etwa 40 ha Land, darunter der Karpfsee, eine eigene Landwirtschaft.
Aufgrund von Nachwuchsmangel erwies sich die Bewirtschaftung des Klosters für die Schwestern jedoch zunehmend als schwierig, so dass bereits vor etwa 10 Jahren die landwirtschaftlichen Flächen der Genossenschaft KlosterGut eG zur Nutzung überlassen wurden.
Auch das Klostergebäude selbst erwies sich für die älter werdende Klostergemeinschaft im Unterhalt langfristig als zu aufwändig, so dass im April 2018 der Umzug von den etwa 30 verbliebenden Schwestern in einen benachbarten altersgerechten Neubau erfolgte. Nachdem verschiedene Investoren, die das nun frei werdende historische Klostergebäude zu Kliniken, Hotels und ähnlichem umbauen wollten, letztlich als Folgenutzer nicht in Frage kamen, entstand durch Vermittlung des Klosterguts der Kontakt zur Münchner Wohnbaugenossenschaft WOGENO.
Diese begann im Juni 2018, das Haus im Probebetrieb zu führen, um die Tragfähigkeit eines neuen Nutzungskonzepts zu prüfen. Aufgrund seiner Geschichte und der baulichen Gegebenheiten kam eine Umwandlung des Klosters in abgeschlossene Wohnungen nicht in Frage, sondern das gleichwertige Nebeneinander von privat genutzten Einzelzimmern, gemeinsamen Küchen sowie halböffentlichen Bereichen wurde beibehalten. Auch die Schaffung einer ausgewogenen Balance zwischen Wohnen, Arbeiten, Bildung und Besinnung ist Teil des neuen Nutzungskonzeptes, das sowohl die gemeinsame Bewirtschaftung der Anlage, als auch einen ökonomisch sinnvollen Gäste- und Seminarbetrieb sowie Rückzugsräume für Ruhe und Kontemplation vorsieht. Die Hausgemeinschaft setzt sich vorwiegend aus den (meist Münchner) Genossenschaftsmitgliedern sowie Menschen aus der Region und aller Welt zusammen.
Dies führt die Weltoffenheit der Missionsschwestern als auch die enge Bindung der ehemaligen Chorherren an München fort, ist aber auch im Sinne einer Wertegemeinschaft zu verstehen, die sich lokal und global in der Verantwortung sieht. In kollegialer Zusammenarbeit mit dem Klostergut und in freundlicher Verbindung mit den Missionsschwestern soll der Geist des Gebäudes weitergetragen und an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden.